Für die Ewigkeit bewahren – oder ab in den Reißwolf?
Im Artikel „Hunderte von Jahren Firmengeschichte – wo fangen wir an?“ haben wir erläutert, welche Rolle unser Startworkshop in unserer Zusammenarbeit mit Kunden spielt. Aber wie geht es im Anschluss weiter?
Welches Material gibt es?
Als Erstes sichten wir die in den Unternehmen aufbewahrten Unterlagen. Nun geht es „ans Eingemachte“ – wir verschaffen uns einen Überblick über das Material, das sich in Kellern oder Lagern über die Jahrzehnte angesammelt hat. Was wir dort vorfinden, kann ganz unterschiedlich sein: Schriftstücke, Akten, Fotos, Filme, Karten, Geschäftsberichte, Plakate, Bücher, Werbematerialien, aber auch unterschiedliche Formen von Datenspeichermedien wie Disketten, CDs oder Laufwerke.
Nicht selten ist der Umfang immens und der Platz wird knapp. Nun müssen wir die Entscheidung darüber treffen, was für die Firmengeschichte relevant ist, und was vernichtet werden kann – im Fachjargon „kassieren“ genannt.
Der nächste wichtige Schritt ist deshalb die sogenannte Archivbewertung, die von unserem Archivar Martin Burkhardt durchgeführt wird. Hier scheidet sich die Spreu vom Weizen: Er trifft die Entscheidung über das archivwürdige Material – und was getrost dem Reißwolf überlassen werden kann.
Was ist archivwürdig?
Aber was soll für die Ewigkeit bewahrt werden? „Es gibt klare Kriterien dafür, was wir als archivwürdig einschätzen, aber es ist auch eine Frage der Erfahrung“, erläutert Martin Burkhardt. Grundsätzlich gehört in ein Firmenarchiv alles Material, das
a) im Geschäftsgang einer juristischen Person entstanden ist,
b) nicht mehr für die täglichen Geschäfte gebraucht wird und
c) einen bleibenden Wert hat.
Während die ersten beiden Kriterien noch recht eindeutig sind, ist die letzte Bedingung von Laien nur schwer einzuschätzen. In der Archivbewertung entscheidet der Archivar, welche Quellen der Forschung künftig zur Verfügung stehen. Was bei diesem Schritt aussortiert wird, geht unwiederbringlich verloren. Wir sichten deshalb das komplette Material akribisch Stück für Stück. Jeder einzelne Aktenordner, jede Mappe wird geöffnet. „Sonst wäre schon das ein oder andere Fundstück verloren gegangen, das wir in einem falsch beschrifteten Ordner entdeckt haben“, erinnert sich Martin Burkhardt. Meist handelt es sich bei Archivgut nämlich um Unikate, um Material, das es nirgendwo sonst gibt. Der Archivar orientiert sich dabei an formalen Kriterien wie dem Erhaltungszustand, aber auch inhaltliche Aspekte spielen eine Rolle. Neben dem Grundsatz, möglichst nichts mehrfach aufzubewahren, gilt das Prinzip der Federführung, also die Frage, wer die Akten verantwortlich geführt hat, oder auch das erwartete Nutzerinteresse. Schon dieser kurze Einblick macht deutlich, dass diese Entscheidungen nicht ohne eine fundierte mehrjährige Ausbildung getroffen werden können. Diese kann als Berufsausbildung zum/r Fachangestellten für Medien- und Informationswesen erfolgen, nach dem Abitur als eine Art duales Fachhochschulstudium, oder nach absolviertem Studium (etwa der Geschichte) als Referendariat an der Archivschule in Marburg. „Archivieren kann nicht jeder“, bestätigt Martin Burkhardt, „das ist ein weitverbreiteter Irrtum.“ Der Vorteil allerdings sei, dass Laien in der Regel beim Aussortieren und Vernichten sehr vorsichtig vorgehen. So bleibt in der Regel (zu) vieles übrig.
Archivieren kann nicht jeder!
Martin Burkhardt, Archivar bei den Firmenhistorikern
Was bleibt übrig?
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